Mit dem e-Auto in den Urlaub: Kleiner Erfahrungsbericht

Nun war es so weit: Urlaubszeit. Meine Familie hatte nunmehr nur zwei Autos, beides e-Autos. Mein kleiner e-Mini, der wirklich nur für kleinere Strecken gedacht ist, und das „Familien-Auto“ meiner Frau, der Škoda Enyaq. Mit letzterem ging es dann vom Osten des Landes in Richtung belgischer Küste (wie es Serge Tonnar so schön sagt: d’Belsch Plage). Eine Woche im e-Auto. Hier ein kleiner Erfahrungsbericht.

 

Eine genaue Übersicht der Ladungen und der Kosten der Ladungen befindet sich am Ende.

 

Planung muss sein

Klar ist: Ohne Planung ist es schwierig, wenn auch nicht unmöglich. Da aber unsere erste größere Reise mit dem e-Auto anstand, wollte ich vorher alles prüfen. Wie weit kommen wir mit dem Auto? Wo kann man schnell zwischenladen? Wo können wir, am Ziel angelangt, aufladen? Die Wohnung, die wir nämlich regelmäßig nutzen, hat zwar einen Garagenparkplatz, aber keine Steckdose, geschweige denn eine Wallbox.

 

 

Zur Planung nutze ich eine sehr praktische App namens „Chargemap“. Die bietet sogar eine Ladekarte an, die auf sehr vielen Ladestationen europaweit funktioniert – ähnlich wie enovos. Wer kein e-Auto hat, dem sei folgendes erklärt: Die allermeisten Ladestationen in Europa, ob Schnelllader (43-50 kW, 100 KW oder mehr) oder normale Ladestationen (7 kW bis 20 kW), akzeptieren keine Bankkarten, keine Kreditkarten und kein Geld, sondern man muss sich mittels einer Ladekarte verifizieren. In Luxemburg gibt es so z.B. enovos die mit enoDrive eine solche Karte anbieten. An diese ist wiederum eine Kreditkarte verknüpft, sodass man schlussendlich doch per VISA o.Ä. zahlt. Die enoDrive App ist jedoch grandios mies – sie zeigt lediglich Ladestationen und deren aktuelle Verfügbarkeit an. Alles, was über Luxemburg hinausgeht, ist aber eher schwach – viele Ladestationen existierten in der App nicht, waren hingegen in der Chargemap oder auf Google zu finden.

 

 

Chargemap erlaubt es einem, sein e-Auto einzutragen und errechnet mittels Firmen- und Nutzerdaten, wie weit man mit dem Auto kommt. Wer eine Route eingibt, kann sich von Chargemap den idealen Aufladeweg einplanen lassen, sodass man möglichst wenig Zeit an Ladesäulen verplempert. Einziger Nachteil ist, dass die App nicht persönliche Wünsche in die Routenberechnung mit einarbeiten kann und es somit zwar immer die zeitsparendste, aber nicht für einen selbst beste Route wählt. Wenn ich mit zwei kleinen Kindern, die eine längere Pause benötigen, immer nur 10 Minuten an einer Ladesäule stehen bleibe, nur 10-20 % der Batterie auflade und weiterfahre – dann ist das recht unpraktisch. Aber gut, zumindest hat man einen Vorschlag.

 

Die Hinfahrt

Nach einigem Anschauen von Routen und Verbrauch war klar: Die 400 km schafft der Škoda nicht am Stück – zwischenladen muss also sein. Zwar gibt das Auto an, dass es circa 360-380 km schaffen würde, aber das auch nur, wenn man gemächlich fährt. Nun wollten wir auf der Autobahn aber mehr als 80-90 fahren und schon war der Verbrauch höher. Die erste Station, die ich mir im Vorhinein als gute Schnelllademöglichkeit ausgesucht hatte, war der Parkplatz eines Autoverkäufers – „Percy Motors“ (Chaussée de Namur 263, Wavre). Dies liegt kurz vor Brüssel und ist ein paar Meter weg von der Autobahn in einem Industriegebiet. Ich habe dies als ersten Halt von der Chargemap vorgeschlagen bekommen – ich würde da mit 16 % ankommen, bis auf 60-70% laden, weiterfahren bis nach Brügge, dort noch einmal nachladen und dann bis ans Ziel an der Küste. Ich dachte mir bereits: Naja, eigentlich wollte ich nur EINMAL laden. Wenn ich also in der App eingebe, ich fahre von der Haltestelle mit 100% bis zum Ziel und gebe an, dass ich auch mit 12 % Batterie bei Ankunft zufrieden bin, so klappt das in einem Stück. Prompt war die Idee: Wir fahren dahin und laden bis 100% anstatt bis 70%, und gut ist. Auf Google Maps angeschaut war der Stopp aber nicht fürchterlich interessant. Das Risiko, dass die Stellen besetzt sind (es gibt 4 Schnellader von 60 kW dort), war gegeben und in diesem Industriegebiet gab es nichts, was Kinder jetzt fürchterlich interessant finden. Einen Bäcker gab es. Wir dachten: Wird schon, also versuchen wir es damit!

 

 

Dort angekommen, war die Nervosität sowohl bei mir als auch bei meiner Frau aber hoch – wird alles klappen? Wir hatten über 20%, also deutlich mehr, als Chargemap ausgerechnet hatte, doch keine Ladesäule in Sicht. Dann sahen wir die unscheinbaren Dinger, versteckt, klein, auf dem Parkplatz. Ein Platz war frei, die anderen von parkenden und nicht ladenden Autos besetzt – ein Phänomen, das man leider häufiger findet. Außerdem war die freie Stelle passend, da das Ladekabel von der richtigen Seite kommt. Denn anders als bei normalen Ladern benötigen die Schnelllader richtig dicke Kabel und diese sind fest mit der Ladesäule verbunden. Die Kabel haben eine recht kurze Reichweite und steht man nicht mit der richtigen Seite zur Säule ist es schwierig, zu laden – nicht wie beim Benzintanken, wo man selbst auf der falschen Seite des Tankes geparkt den Schlauch rüber ziehen und tanken kann.

 

 

Alles ging aber nach Plan, wir gingen zum Bäcker, stellten aber fest, dass die Raststätte mehr als suboptimal ist. Kein Spielplatz, eine vielbefahrene Straße, teilweise nicht mal ein Bürgersteig, keine öffentliche Toilette. Auf der Autobahn fiel uns die normale Autobahnraststätte auf, die ebenfalls mit elektrischen Auflademöglichkeiten warb. Auf der Rückfahrt versuchen wir das!

 

Ankunft und eine Woche Verbleib

Angekommen konnten wir das Auto an einer Ladesäule aufladen, die 100 m von unserer Wohnung entfernt war. Super! Glück gehabt! Allerdings befinden sich im Umkreis und in annehmbarer Distanz mit maximal 10-Gehminuten rund 8-10 Ladesäulen. Das ist nicht sehr viel, aber ausreichend, da immer noch nicht viele e-Autos herumfahren. Einziger Nachteil der jetzt gefundenen Ladesäule: Sie lädt extrem langsam. Nur mit ungefähr 7kW (das ist sehr langsam – Luxemburger Ladesäulen laden in privaten Häusern i.d.R. mit 10 kW, öffentliche mit 20 kW). Das Auto benötigte dabei gut 4 Stunden um auf 80 % zu kommen. Da war es 22 Uhr, ich ging das Auto wieder vom Kabel trennen und parkte es in unserer Tiefgarage.

 

 

Die restlichen Trips an der Küste verliefen problemlos. Die Chargemap zeigte uns, dass es stets genügend Ladesäulen gab, wo wir auch hinfuhren, und wir versuchten jedes Mal, wenn wir einen Trip machten, eine Ladesäule zu nehmen – waren aber auch nicht drauf angewiesen. So machten wir einmal einen einstündigen Ausflug ins Nausicaá in Frankreich. Im Parkhaus hatte es angeblich 9 Ladesäulen (7kW) – wir fanden die aber nicht sofort und aufgrund hohen Fahrzeugaufkommens gab es auch Parkanweiser. Wir brauchten nicht zwingend eine Ladung, nahmen also einen ganz normalen Parkplatz. Bei einem anderen Ausflug in Nieuwpoort hingegen waren die Ladesäulen des Parkhauses klar ersichtlich und haben wir dann auch genutzt. Leider ist parken als auch laden in Belgien recht teuer (und ja: Wenn man an einem dedizierten Parkplatz sein Auto auflädt, muss man trotzdem ein Parkticket nehmen – ist ja irgendwie logisch). Unsere Kosten fürs Laden am Ende des Blogs!

 

Rückfahrt

 

Auf der Rückfahrt waren wir also durch unsere positiven Erfahrungen (und die doch sehr angenehme Akkukapazität des Enyaqs) optimistisch und wurden nicht enttäuscht. Anstatt wie bei der Hinfahrt an einer x-beliebigen Ladesäule außerhalb unserer Strecke zu laden, weil es die Chargemap halt so vorschlägt, haben wir uns für die Haltestelle Wavre hinter Brüssel entschieden. Die Raststätte „Bierges“ steuerten wir an. Doch da angekommen waren wir etwas verdaddert: Hier waren die Ladesäulen in der Reihe aufgestellt, wie alle anderen Zapfsäulen (siehe Foto). Das ist aber für e-Autos, die deutlich länger laden als tankende Autos, welche mal eben in 2 min einen vollen Tank haben, super unpraktisch. Beide Seiten waren gerade besetzt und ein weiteres Auto wartete (dreist in der Mitte, also weder links noch rechts). Da mir das Warten dort zu blöd war (wir warteten bereits 5 Minuten), fuhren wir auf meine Alternative in petto: 5 min weiter auf der Autobahn und die richtige Ausfahrt Wavre, in ein kleines industrielles Gebiet, das aber mit einem Baumarkt, Restaurants und mehr auftrumpfen konnte. Prompt fanden wir dort auch die Schnellladestation (zwei Stationen, von denen eine bereits außer Betrieb war…), schlossen das Auto an und gingen mit den Kindern Pizza essen. Nach nicht mal 40 Minuten war das Auto bereits bei 100% und den Rest der Strecke schafften wir ohne weiteres laden – toll!

 

 

Kosten, Fazit und Übersichtstabelle

Insgesamt kann ich von einer durchweg positiven Erfahrung sprechen. Es gab stets freie Ladesäulen, wenn benötigt, das Auto schaffte locker alle wichtigen Distanzen und das Schnellladen funktionierte für uns schnell genug – bei einer Fahrt von 400 km machen wir eh stets eine Pause von mindestens 30 Minuten, meist länger.

 

 

Das einzige Wermutströpfchen sind die Kosten. Die sind zwar nicht enorm hoch, allerdings kostet das Laden an den Ladesäulen in Belgien durchschnittlich deutlich mehr als in Luxemburg. Gleichzeitig gibt es in ganz Europa noch keine wirklichen Regelungen, was die Preisgestaltung hier angeht. In Luxemburg hat CREOS mit den Chargy-Ladestationen ein Quasi-Monopol. Sie können den Preis fürs Laden frei bestimmen. Der Preis in Luxemburg liegt hier bei regulären 22 kW-Ladestationen bei circa 0,34 €/kWh, Schnelllader (wie z.B. der in Junglinster) kosten 0,48 €/kWh. Im Vergleich dazu kostete in Belgien z.B. die langsame 7 kW Ladestation bereits 0,48 €/kWh und der 150 kW Schnelllader satte 0,87 €/kWh. Durchschnittlich sind die Preise also DOPPELT so hoch in Belgien! Die teuerste Ladestation bei weitem war Nieuwpoort. Das Parkhaus verlangte satte 1,70 €/kWh (eine 22kW-Ladestation)! Und das spürt man dann schon ein wenig im Portemonnaie. Unverschämt ist vor allem, dass die Preise nirgends angeschlagen sind. Man muss sie in der App über drei Klicks herausfinden – und dann kann es immer noch sein, dass man mit einer anderen App, einem anderen Anbieter (z.B. enoDrive) einen besseren Preis an der gleiche Ladesäule bekommt. Das ist deutlich komplizierter, weniger transparent und heimtückischer als die großen Anzeigetafeln von Tankstellen.

 

 

Allerdings ist ein e-Auto selbst bei den Preisen noch günstiger als ein Verbrenner, da sie viel weniger anfälliger sind, was Reparaturen angeht und diese auch günstiger sind.

 

Unsere Stationen und das, was wir gezahlt haben:

 

Ladung

€/kWh

Kosten insg.

Hinfahrt (Schnelllader)

0,79

31,02 €

Erster Tag (am Zielort)

0,48

16,43 €

Am Zielort nach Nausicaá-Besuch

0,48

17,39 €

Aufladung in Nieuwpoort

1,70

10,20 €

Aufladung Zielort nach Oostende-Ausflug

0,48

11,11 €

Rückfahrt (Schnelllader)

0,87

24,50 €

Total:

 

110,65 €

 

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